Literaturzirkel Herbst 2024

Die Schweizer Literatur ist jung, vielfältig und engagiert wie schon lange nicht mehr. Sie greift schwierige Themen auf, welche  die Gesellschaft aktuell beschäftigen. Die Bücher der vier Autorinnen sind in den letzten zwei Jahren erschienen. Sie unterscheiden sich im Zugriff auf den Stoff sowie in der Sprache, verhandeln jedoch alle gewichtige Fragen unserer Zeit, auf die es oft keine Antworten gibt.

Ein simpler Eingriff von Yael Inokai ist die Geschichte einer jungen Frau, die in einer Welt starrer Hierarchien und lieblosen Umgangs mit Patientinnen ihren Glauben an die Macht der Medizin verliert. Dazu ist es aber auch die Geschichte einer Liebe mit ganz eigenen Gesetzen. Die Hauptfigur Meret verliebt sich in eine Berufskollegin –  und überschreitet damit eine unsichtbare Grenze.

Anja Schmitters Debütroman Leoparda bringt einen furiosen Seiltanz zwischen Imagination und Realität. In originellen Bildern und mit gesellschaftskritischem Blick erzählt sie vom Ausbrechen aus der Normalität, von Identitätssuche und Emanzipation. Was im ersten Teil noch nahe an der Realität und den Erfahrungen der Autorin liegen dürfte, nimmt im zweiten Teil immer surrealere Formen an.

Der Roman Hinter der Hecke die Welt von Gianna Molinari hat zwei sehr unterschiedliche Schauplätze, die beide vom Verschwinden bedroht sind. An beiden Orten stellen sich Fragen nach unseren Vorstellungen von Wachstum und Stillstand. Bedächtig und doch mit viel politischer Kraft eröffnet der Roman einen ganz eigenen poetischen Raum.

In Gianna Olinda Cadonaus erstem Roman Feuerlilie stehen zwei junge Menschen im Mittelpunkt. Behutsam nähern sich die beiden einander an und fassen Vertrauen. Kálmán versucht, sich seinen Kriegstraumata  zu stellen. Und Vera erkennt dank ihm die Versehrtheit ihrer Schwester. Die Begegnung der drei Figuren bringt vieles in Bewegung. Cadonau erzählt in starken Bildern und mit grosser Empathie.