Literaturzirkel 2021: Von Heldinnen und Helden

Mit den griechischen Mythen halten die Heldenfiguren in der Literatur Einzug – und bleiben bis in unsere Tage darin präsent. So teilen die modernen literarischen Helden Wesenszüge mit Oedipus, Antigone oder Sisyphos. Wie weit taugt jedoch der Bergriff des Helden, der Heldin noch? Was zeichnet literarische Figuren aus, die uns als heldenhaft begegnen? Die vier Bücher aus einer Zeitspanne von 75 Jahren machen uns mit verschiedenen Held*innen bekannt.

The Street, erstmals 1946 erschienen, erzählt die aufwühlende Geschichte einer jungen schwarzen Frau. Ann Petrys Heldin ist eine alleinerziehende Mutter im Harlem der 1940er Jahre. Lutie Johnson kämpft für ihre eigene Würde und dafür, ihren kleinen Sohn inmitten von Armut, Gewalt und rassistischer Verachtung zu einem anständigen Menschen heranzuziehen.

Jakob der Lügner von Jurek Becker ist ein Lügner aus Barmherzigkeit. Durch einen Zufall wird dieser unauffällige Mensch für die Bevölkerung des Ghettos zu einem Hoffnungsträger. Der Held wider Willen stärkt mit seinen Geschichten die Widerstandskraft seiner Leidensgenossen – und schreibt sich als Figur in die grosse Weltliteratur ein.
Anfangs leugnen alle die Gefahr. Doch als die Stadt abgeriegelt wird und die Fallzahlen steigen, beschließen ein Arzt und sein Freund zu handeln. Die Pest von Albert Camus, 1947 erschienen, liest sich wie eine Parabel auf unsere Zeit. Verantwortungsbewusstsein und Solidarität leiten die Hauptfiguren von Camus’ erfolgreichstem Roman.

Anne Weber lernt die Heldin ihres neusten Buches Annette, ein Heldinnenepos persönlich kennen. In der Lebensgeschichte der Französin Anne Beaumanoir spiegeln sich gleichermassen Mut und Entschlossenheit im politischen Widerstand wie grosse seelische Konflikte. Anne Weber hat die Sprache und Form gefunden, um dieser Heldin gerecht zu werden.